Am Nullpunkt
Anfang der 1960er Jahre schließen sich zahlreiche internationale Künstlerinnen und Künstler wie Joseph Beuys, John Cage, Yoko Ono, Nam June Paik oder Ben Vautier zusammen, um dem übersättigten Kunst- und Politikbetrieb der 1950er Jahre etwas entgegenzusetzen.
Ähnlich wie die Dadaisten zu Beginn des 20. Jahrhunderts, die mit gezielten Provokationen gegen die Kunst ihrer Zeit revoltierten, treten sie an, um Grenzen niederzureißen – Grenzen zwischen Kunst und Gesellschaft, zwischen unterschiedlichen Kunstgattungen und -formen und Grenzen in den Köpfen der Menschen. Sie wollen die Kunst in den Alltag und den Alltag in die Kunst überführen. Und nennen es: Fluxus.
Nicht das Werk selbst, sondern die schöpferische Idee soll fortan im Zentrum des Interesses stehen.
Fast zeitgleich entsteht eine weitere Bewegung, die mit dem konventionellen Kunstbegriff der Nachkriegszeit brechen will. Die Düsseldorfer Künstler Heinz Mack und Otto Piene suchen Ende der 1950er Jahre nach einem Neuanfang, nach einer „Stunde null“ der Kunst – befreit vom Ballast der Nachkriegskunst. Sie gründen die Künstlergruppe ZERO, der sich kurz darauf auch Günther Uecker anschließt. Mit neuartigen Gestaltungsprinzipien, in denen Licht und Bewegung Teil der künstlerischen Arbeit werden, überwinden sie das herkömmliche Kunstverständnis. Die Grenzen zwischen Werk und Umgebung, Bild und Skulptur sollen aufgeboben werden.
ZERO ist beeinflusst von den monochromen Bildern Yves Kleins, Piero Manzonis und Lucio Fontana. Letzteren bezeichnet Piene als den geistigen Vater von ZERO, da er bereits 1946 in einem „Manifesto Bianco“ eine Kunst fordert, bei der sich Malerei, Bildhauerei, Musik und Dichtung verbinden und auch Klang, Licht und Bewegung zum Ausgangsmaterial eines Kunstwerks werden können.
Innerhalb weniger Jahre entwickelt sich ZERO zu einer der wichtigsten Avantgardebewegungen nach dem Zweiten Weltkrieg.