West

Alles auf Anfang

Informel: von New York in die Frankfurter Zimmergalerie
Karl Otto Götz, "6 Variationen mit einem Schema VI", 1973
VG Bild-Kunst

Seit Ende der 1940er Jahre ist New York City die Welthauptstadt der Kunst. Maler wie Jackson Pollock, Willem de Kooning oder Mark Rothko brechen mit Traditionen und Sehgewohnheiten. Auf der Suche nach einer neuen Bildsprache finden sie das, was später als Abstrakter Expressionismus und „New York School“ Kunstgeschichte schreiben wird.

Es ist auch die Zeit des Kalten Krieges. Der Abstrakte Expressionismus passt perfekt in das Bild des Westens von Demokratie und Freiheit. Mehr noch: Die expressiven Bilder müssen sogar zu Propagandazwecken herhalten, um die Überlegenheit des westlichen Systems zu demonstrieren.

"The Irascibles" – die einfluss­reichste Vertre­ter des soge­nann­ten abstrak­ten Expres­sio­nis­mus, 1950
Foto: Nina Leen für das LIFE-Magazin, Fair Use
“Es gibt kein Muss in der Kunst, denn die Kunst ist frei.”
Wassily Kandinsky

Nach der Isolation deutscher Künstlerinnen und Künstler während des Nationalsozialismus orientiert sich die dritte Generation abstrakt arbeitender Maler wieder an der internationalen Kunstszene. Viele von ihnen lassen sich auch von der „New York School“ inspirieren.

Herbert Zangs, "Ohne Titel", 1958
akg / van Ham / Saša Fuis, Köln / Galerie Maulberger

Da es kurz nach Kriegsende nur wenige Möglichkeiten gibt auszustellen, wird improvisiert. So stellt etwa der Versicherungsangestellte Klaus Franck kurzerhand seine Privatwohnung in der Böhmerstraße 7 im Frankfurter Westend als Zimmergalerie zur Verfügung. Die Wohnung wird bald zum Treffpunkt für Kunstinteressierte und Kunstschaffende aus der gesamten Region.

Ausstellung "Neoexpressionisten (Quadriga) in der Zimmergalerie Franck, Frankfurt, Dezember 1952. v.l.n.r: Fräulein Schrenk, Bernard Schultze, Klaus Franck, Ursula Bluhm, K.O. Götz, Anneliese Hager-Götz, Heinz Kreutz und René Hinds
ZADIK | Zentralarchiv für deutsche und internationale Kunstmarktforschung Bestand A 92 Zimmergalerie Franck

1952 sorgt hier die Ausstellung „Neuexpressionisten“ für Furore. Sie gilt als Startpunkt des sogenannten Informel in Westdeutschland. Beteiligt sind die Maler Karl Otto Götz, Bernard Schultze, Otto Greis und Heinz Kreutz. Die vielbeachtete Schau, die auch unter dem Namen „Quadriga“ bekannt ist, hat erheblichen Anteil daran, dass es der deutschen Kunst nach 1945 gelingt, Anschluss an die internationale Kunstentwicklung zu finden.

Karl Otto Götz, "Ohne Titel", 1957
bpk / Städel Museum
Bernard Schultze, "Insektenhaft“, 1952
Rheinisches Bildarchiv
Otto Greis, Aus der Folge "Von Fleck und Strich", Nr. 2, 1953
bpk / Städel Museum
Heinz Kreutz, "Ohne Titel", 1960
akg / van Ham / Saša Fuis, Köln

Nach den traumatischen Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs entsteht in Paris das Informel, dessen Vertreter auf der Suche nach neuen bildnerischen Ausdrucksmöglichkeiten sind. Der Name bezeichnet keinen einheitlichen Stil, sondern vielmehr eine künstlerische Haltung, die das klassische Form- und Kompositionsprinzip ebenso ablehnt wie die geometrische Abstraktion. Namensgeber ist der Kunstkritiker Michel Tapié, der den Begriff „Signifiants de lʼinformel“ anlässlich einer Ausstellung in Paris im November 1951 prägte.

Viele Experten bezeichnen die vier Künstler als erste avantgardistische Künstlergruppe Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg.