Der Künstler, der aus der Kälte kam
Mitte der 2000er Jahre sollen sich wohlhabende Sammler aus Hollywood – man raunt: mit dem Privatjet – auf den Weg nach Leipzig, genauer: in den Stadtteil Plagwitz, gemacht haben. Man steuert die ehemalige Baumwollspinnerei an, in der sich zahlreiche Ateliers und Galerien befinden, auf der Suche nach Arbeiten des Malers Neo Rauch. Schließlich war erst kürzlich in der New York Times zu lesen, wie großartig dieser deutsche Künstler sei. „The artist who came in from the cold“, schreibt die Journalistin Roberta Smith in doppelter Anspielung auf den Roman von John Le Carré – und die ostdeutsche Geschichte.
Was war passiert? Eine Reihe von jungen Künstlerinnen und Künstlern studiert noch vor 1989 an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig, beginnt ihre künstlerische Karriere jedoch weitgehend nach dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik. Neo Rauch als ihr bekanntester Vertreter ist unter anderem Schüler von Bernhard Heisig und Arno Rink.
Ab 2003 setzt sich für Künstler wie Neo Rauch, Tilo Baumgärtel, Martin Kobe, Matthias Weischer oder auch David Schnell der Begriff „Neue Leipziger Schule“ durch, obwohl sie sich nie als Gruppe begreifen oder einer Schule zugehörig fühlen. Doch der Kunstmarkt nimmt dieses Etikett dankend an.
Auch Brad Pitt ersteht – 2009 auf der Art Basel – ein Bild von Neo Rauch: „Etappe“ von 1998. Dem Vernehmen nach hätte er lieber eine aktuelle Arbeit erworben – doch die sind bereits alle für Museen reserviert.
Parallel zum weltweiten Erfolg von Neo Rauch und der Neuen Leipziger Schule profilieren sich auch in Dresden seit den 1990er Jahren drei Maler mit international beachteten Arbeiten. Es sind der 2019 verstorbene Eberhard Havekost, Frank Nitsche und der Maler und Bildhauer Thomas Scheibitz, der 2005 gemeinsam mit Tino Seghal auch den deutschen Pavillon auf der Biennale in Venedig gestaltet.
Und weil der Kunstmarkt Etiketten liebt, bezeichnen manche diese drei Künstler auch als „Dresdner Pop“. Der Begriff hat sich allerdings nicht durchgesetzt.